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A Second Chance

Kinostart: 14. Mai 2015

A Second Chance

Ist es eigentlich ein Kompliment, einen Film mit dem “Tatort” zu vergleichen? Immerhin stimmt die wöchentliche Einschaltquote und die Krimireihe gehört quasi zum deutschen Kulturgut. Gut, cineastische Maßstäbe werden maximal aufgegriffen, statt selbst gesetzt, und so manche Handlung wirkt sehr konstruiert. Nichtsdestotrotz darf die steile Hypothese aufgestellt werden: Bei Susanne Biers “A Second Chance” (“En chance til”) handelt sich um das dänische Pendant.

So werden die beiden Polizeikollegen und Freunde, Andreas und Simon, zu einem Routineeinsatz in die Wohnung eines Junkiepaares gerufen, bei dem sie zufällig auch ein verwahrlostes Baby vorfinden. Während der sonst so besonnene Andreas nach diesem Einsatz und einem persönlichen Schicksalsschlag jeglichen Bezug zu Recht und Gerechtigkeit verliert, macht der frisch verlassene Simon die gegensätzliche Entwicklung durch. Und am Ende geschieht zwar kein Mord, dennoch sind alle Beteiligten auf der Suche nach Gründen und Schuldigen für zwei Tote. Die Geschichte könnte somit auch gut und gern von Felix Huby & Co. stammen.

Für “A Second Chance” schrieb Anders Thomas Jensen (Adams Äpfel, Hævnen, Brothers) das Drehbuch, der in seinem Heimatland Dänemark eine ähnliche Autorengröße ist. Trotzdem hat “A Second Chance” vergleichbare Lücken im Drehbuch wie jeder gewöhnliche “Tatort”, doch werden diese durch teils unverhältnismäßig schnelle Meinungsumschwünge der Charaktere erst erzeugt oder auch wieder kaschiert. Der Vorteil ist jedoch, dass Biers Moralkrimi dadurch nie still steht und zusammen mit typisch nordisch‐ruhigen Bildern in sich stimmig wirkt.

Das ist ja auch der Trick. Sonntagabendkrimis müssen nicht immer so realistisch wie möglich und auch Sympathien zu den Protagonisten müssen nicht zwangsläufig gegeben sein, wenn der Film gleichzeitig ein paar unvorhergesehene Wendungen parat hat und am Ende doch alles gut wird. Und das wird es natürlich. Ein guter Ersatz für die Tatort‐Sommerpause also.

© Geschrieben für Mit Vergnügen, Foto von Prokino

14.05.2015

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