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Magazin

Für das Karlsruher New Noise Festival 9 drehten und schnitten wir in Zusammenarbeit mit Matt Koslowksi und Nadine Schöner ein Video, das für Werbezwecke in sozialen Medien genutzt wird. Dabei wurden Aufnahmen vom letztjährigen New Noise Festival 8 verwendet, die Musik stammt von Coldburn.

Musik: Coldburn – D.T.E.
Video: Matt Koslowksi, Nadine Schöner, Benjamin Bartosch
Webseite: www.newnoisefest.de/2014

06.07.2014

Gabe oder Waffe: Understatement erkennt man, wenn man es vor sich hat. Marc Bieri verkörperte ungeahnt eine Rollenfigur aus „Moritz & Ivahn“, bevor er den idyllischen Ort Garnateen auf einem Globus je hätte finden können. Irgendwo zwischen Schelm und politisch inspirierter Rhetorik hat er einer guten Handvoll Fragen auch Antworten gegeben.

Marc, du kanntest lediglich Bruchstücke des Inhalts zu „Moritz & Ivahn“ – weshalb hast du dich trotzdem zur Mitarbeit entschieden?

Ich kann es bis heute nicht verkraften, dass ich in den 90ern nie für die Bravo Foto Love Story gecastet wurde.

Vor einer Kamera zu stehen, das gab es das für dich in der Vergangenheit schon. Was treibst du sonst in Berlin?

Ein guter Freund von mir, Patrick Mettraux, ist Fotograf. Bei ihm landete ich schon mehrmals vor der Kamera. Sonst schreibe ich ab und zu mal Werbetexte für einen Baumarkt oder einen Klebestoff.

Was ist das Für und Wider, Portraits und eine Fotostrecke in einen Roman einzubauen?

Die Frage beantworte ich dann gerne nach der Veröffentlichung.

Wie politisch ist eine Geschichte, in dem die Liebe zweier Männer Dreh-und Angelpunkt ist und einer davon auch noch Ivahn heißt (und sie auf eine Halbinsel reisen)?

Wie nass ist Wasser?

Dein Werbetext für das Buch könnte etwa wie aussehen?

Irgendwann wacht man auf und merkt, dass die Realität jeden Traum zerstört.

Was packst du in deinen Koffer, wenn du nachher auf einen Roadtrip in das schöne Irgendwo abgeholt werden würdest?

Die größte Dolly Parton Hits Collection, die ich finden kann.

Die Rotbirne bleibt meine gefühlte Lieblingsfrucht, welche ist deine und warum?

Die Williams Birne. Eine klassische Frucht, aber nicht ganz so Mainstream wie ein Apfel.

Danke für die warmen Worte. Ach ja, Marc scheint Musik zu hören, sogar täglich zu empfehlen. Zum Beweis bitte hier vorbei schauen: www.facebook.com/tunebook

© Foto: Joseph Wolfgang Ohlert

27.06.2014

Vor dem Spiel ist vielleicht nach dem Spiel, doch vor der Kamera nicht gleich hinter jener. Ähnlich vertrackte Aussagen habe ich Fotograf Joseph Wolfgang Ohlert zugeschoben, der für die Portraitreihe zu „Moritz & Ivahn“ zuständig ist, dabei der Wand eines Supermarktes seiner Wahl mehrmals von Angesicht zu Angesicht stand und mir folgende Antworten da ließ.

Joseph, fotografieren – warum eigentlich?

Warum, warum ist die Banane krumm?

Hast du einen persönlichen Moment im Hinterkopf, bei oder ab welchem abzusehen war, dass die Fotografie mehr als nur eine Option für dich darstellen wird?

Als ich an der Ostkreuzschule für Fotografie angenommen wurde. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet und war auch nur nebenbei mit Fotografie beschäftigt. Ich nutzte Fotografie als Mittel zum Zweck für diverse konzeptuelle Arbeiten. Mit dem Studium habe ich das Fotografieren erst so richtig lieben gelernt.

Welches ist der beständigste Einfluss auf deine Arbeit?

Langeweile. Sobald es langweilig wird, entwickelt sich meine Arbeit weiter. Dazu gehört viel Selbstreflektion.

Was mir sofort auffiel, waren die direkten Bilder, die du schaffst. Ist das Motto „Momente einfangen statt Szenen erschaffen“ oder wie würdest du das selbst beschreiben?

Ich versuche nicht direkt einen Moment einzufangen. Fotografie basiert auf Momenten, egal ob es von selber kommt oder inszensiert ist. Aber wie sie wirken, steht frei zur Interpretation.

Belletristik und Artwork – braucht ein Roman denn Fotografien & was hat dich zur Zusammenarbeit zum Buch überzeugt?

Ich bin offen für neues und mich hat interessiert, wie meine Bilder mal ganz anders zum Leben erweckt werden und sich der Ausdruck mit der Geschichte verändert.

Wenn du den Titel „Moritz & Ivahn“ hörst, denkst du derzeit an was?

An einen Schüleraustausch zwischen Deutschland und Russland.

Was wäre deine Reaktion, würde dich (wie in der Geschichte) ein Fremder auf einer Schnellstraße auf einen Besuch zu einer Halbinsel namens Garnateen einladen?

Wahrscheinlich würde ich das bei Google Maps checken.

Apropos “check”, das kann man tun. Mehr über und hinter Joseph findet sich hier: www.josephwolfgang.ohlert.de

© Foto: Christoph Schwarze

17.06.2014

Welch wichtige Person, die den Vorhang an bis dahin unbekannten Sätzen und Wörtern erstmals öffnen und dann noch den Rotstift zücken darf – im Fall „Moritz & Ivahn“ war Lektorin Dana Steglich eben genau diese. Und keine Woche nach ihrem ersten Kontakt mit der Geschichte habe ich ihr ein halbes Dutzend Fragen übermittelt, die Antworten folgen jetzt.

Dana, wie kamst du zur Arbeit als Lektorin und zur Zusammenarbeit am Buch?

Wie immer im Leben ist der Zufall zuständig: Zur Arbeit als Lektorin kam ich über ein Praktikum in einer Literaturagentur, nach dessen Ablauf mich meine Chefin weiterempfahl; zur Zusammenarbeit an diesem Buch über eine alte Schulfreundin, die von meiner Lektorentätigkeit wusste und mich dem Autor vorgeschlagen hat.

Welche beliebtesten Vorurteile an die Berufsgruppe des Lektorats kennst du?

Vorurteile gegenüber Lektoren kenne ich eigentlich kaum, aber vermutlich treffen uns dieselben wie alle anderen brotlosen Künstler auch … und die haben meistens mit „Taxi fahren“ zu tun.

Ist der Buchhandel tatsächlich so konservativ wie sein Ruf?

Meine Erfahrungen in der Branche waren bisher durchweg positiv. Natürlich muss man Geld machen und natürlich wird dem Publikum auch das gegeben, was es aus unerfindlichen Gründen zum Bestseller macht, aber die Menschen hinter den Verlagslogos sind glücklicherweise selbst begeisterte Leser – da bleibe ich hoffnungsvoll.

Bei dem Begriff „Sommerroman“ kommen dir welche geistigen Verbindungen?

Sommerroman – eine Decke auf dem Boden, der Blick aufs Meer, Schokoriegel, die in der Sonne schmelzen, und ein Buch, das einen zum lächeln bringt.

Als du die Geschichte zu „Moritz & Ivahn“ fertig gelesen hattest, war was dein inneres Fazit? Hast du eine Lieblingsstelle im Buch?

Meine Lieblingsstelle ist eigentlich eher eine Lieblingsfigur, nämlich die enigmatische Anna oder besser gesagt: die Anna, die Moritz sieht oder zu sehen glaubt. Denn ich bin mir nicht sicher, ob er sie richtig erfasst hat, mit dem was er über sie denkt.

Happy Ends – ein Geschenk an die Leser oder eher eines an die Figuren?

Warum nicht für alle? Happy Ends mögen den Ruf haben, kitschig oder unrealistisch zu sein, aber ich sehe sie eher als hoffnungsvoll. Und warum sollte man aus einem Gefühl der Hoffnung nicht ebenso viel (wenn nicht sogar mehr) für sich ziehen können wie aus der berüchtigten Katharsis des Tragischen?

Zitat: „Kein Gähnen der Welt wird dich vor der Langeweile der Welt retten.“ – Dein Kommentar?

Ich würde eher sagen: Wenn du die Welt angähnst, wird sie dadurch nicht spannender!

Für Anfragen zum Lektorat und allgemeiner Fanpost, kann man sich bei Dana unter folgender Adresse melden: danasteglich@gmx.de.

© Foto: Christoph Schwarze

06.06.2014

Let me go
I don’t wanna be your hero
I don’t wanna be a big man
I just wanna fight with everyone else
Your masquerade
I don’t wanna be a part of your parade
Everyone deserves a chance to
Walk with everyone else

Wirklich selten, sehr selten passte die Musik des Abspanns so sehr zu einem Film wie bei „Boyhood“. Fast könnte man denken, der Song „Hero“ von Family Of The Year wäre explizit dafür geschrieben wurden. Umso erstaunlicher sogar noch, wenn sich die weitere Filmmusik aus zig Größen der letzten Dekade zusammensetzt: Vampire Weekend, The Hives, The Black Keys oder auch Kings of Leon, Sheryl Crow, Arcade Fire, Daft Punk, Cat Power und Moby. Um nur einige zu nennen.

Überhaupt weiß man schlichtweg nicht, wo man bei Richard Linklaters Meisterwerk anfangen und wo aufhören zu schwärmen soll. Allein schon die Idee, einen Film über einen Zeitraum von 12 Jahren jeweils mit ein paar Drehtagen umzusetzen, um so den jungen Mason (Ellar Coltrane) heranwachsen zu sehen, ist schlicht großartig. Es ist einfach verdammt ehrlich, auch die Protagonisten altern zu sehen, Mason wie er alle Stufen von der Schuleinführung, über die ersten Barthaare, bis hin zur ersten Lieb und dem College durchläuft und sich auch seine Familie und sein Umfeld kontinuierlich – auch optisch – mit verändert. Nicht selten vergisst man, dass es sich „nur“ um einen Spielfilm handelt.

Es ist auch überaus interessant zu beobachten, in wie vielen Rollen man sich als Zuschauer wiederfindet. Zum einen ist man natürlich Zeitzeuge einer – in Anführungsstrichen – völlig alltäglichen Familiengeschichte, die so gewöhnlich ist, das sie jedem passieren könnte und jede Figur genug Identifikationspotential bietet, um sich in Situationen und Reaktionen wiederzuerkennen, auch wenn sich die Biografien selbstverständlich unterscheiden. Außerdem ist von der Dramaturgie, über die Kamerabilder bis hin zum Schnitt alles so dermaßen unaufgeregt erzählt und umgesetzt, was die Atmosphäre des Films umso direkter und intimer macht. Und eben die wenigen wirklich dramatischen Momente somit umso erschütternder. Manchmal sind es gar nur zwei kurze Sätze, die einen dreimal schlucken lassen, weil sie so wahr sind.

„Boyhood“ ist ein filmisches Experiment, welches absolut kein Spektakel ist, dennoch aber spektakulär und ohne jeglichen Pathos und erstaunlich wenige Tränen auskommt. So werden in kleinen Episoden und Fragmenten alle großen Themen einer Kindheit, des Erwachsenwerdens, des Lebens erzählt: Familie, Freundschaft, Liebe. Und natürlich der eigene Weg, das stetige Selbstsuchen und -finden, das Loslassen, permanente Abschiede, aber eben auch immer wieder Aufbrüche, Neuanfänge und neue Abschnitte mit neuen Menschen und Herausforderungen. Das Leben geht schließlich immer weiter.

© Geschrieben für Mit Vergnügen

03.06.2014

Die Erwartungen sind hoch.

Da wäre zum einen Patricia Highsmith, die die Romanvorlage zu „Die zwei Gesichter des Januars“ im Jahr 1964 schrieb und wohl zu den interessantesten US-Krimischriftstellerin überhaupt gehörte. Oder Oscar Isaac, der in der Coen-Verfilmung „Inside Llewyn Davis“ nicht nur schauspielerisch sondern auch gesanglich mehr als überzeugen konnte. Und natürlich Viggo Mortensen, der immer für einen Bösewicht mit verschrobenem Charakter gut ist. Auch Kirsten Dunst ist natürlich ein großer Name, selbst wenn sich ihre Filmografie eher mittelspannend liest. Aber dafür gibt es dann ja noch Hossein Amini, der für sein Drehbuch zu „Drive“ zu Recht zigfach in den Himmel gelobt wurde und hier und jetzt sein Regiedebüt abliefert.

Ja, die Erwartungen sind wahrlich hoch.

In der Tat ist die Geschichte tückisch und trickreich. Es geht um ein kultiviertes, amerikanisches Touristenpärchen im Athen der 60er-Jahre. Vor der romantisch inszenierten Kulisse des Mittelmeers freundet sich Rydal, ein junger Reiseführer, mit den mysteriösen beiden an und gerät zunehmend in ein Dickicht aus Lügen, Geheimnissen, Misstrauen und Verrat. Nacheinander passieren dann zwei Morde, doch keiner weiß je die ganze Wahrheit, vertraut gar irgendjemand anderen und zu allem Überfluss ist auch noch Liebe im Spiel. Es beginnt ein Katz- und Mausspiel im Dreieck, bei dem jeder denkt, er wäre die Katze, doch wenn überhaupt nur die Maus ist.

Doch der Eindruck wird nach und nach gedämpft.

Lange bleibt unklar, warum sich überhaupt sowas wie Ernüchterung breit macht, sind doch die sommerlichen Bilder herrlich eingefangen, die Szenen passend mit Musik von Alberto Iglesias untermalt und zumindest die beiden männlichen Charaktere faszinierend und großartig gespielt. Wahrscheinlich liegt es jedoch genau daran, dass eine Dreiergeschichte eben von drei Personen lebt, die weibliche Rolle aber zunehmend zum Spielball degradiert wird und der Film somit seinen Spannungsbogen verliert und in einer fast banalen Schlussszene sein Ende findet. Optimisten würden sagen, es sei ein Finale ganz in Tradition des Film noir.

Schön wäre es gewesen.

© Geschrieben für Mit Vergnügen

25.05.2014

Was bleibt?

Diese Frage stellt man sich nach dem Tod eines Menschen lange und vor allem immer und immer wieder. Und diese universelle Frage wirft auch “Nächster Halt: Fruitvale Station” noch Stunden danach auf.

Oscar Grant wurde in den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2009 an der Fruitvale Station in Oakland, Kalifornien, von dem BART-Polizisten Johannes Mehserle erschossen. Er war mit Sicherheit kein Heiliger, immerhin verbüßte er mit Anfang 20 bereits zwei Haftstrafen wegen Drogendelikten und Waffengebrauchs. Doch die biografische Verfilmung von Ryan Coogler zeichnet ein Bild eines fürsorglichen Vaters, der gewillt ist, mit der Vergangenheit abzuschließen, sein Leben zu ändern, für seine Freundin und seine Familie da zu sein und auch wieder legaler Arbeit nachzugehen.

Ryan Coogler macht das geschickt. So portraitiert er nur die letzten 24 Stunden von Oscar Grant (gespielt von Michael B. Jordan), so dass frühere Ereignisse fast komplett ausgeblendet werden können. Natürlich wird dadurch das Bild, das Leben, verzerrt dargestellt, aber am Ende fällt das gar nicht so schwer ins Gewicht. Schließlich wird Oscar Grant an Neujahr erschossen und es stehen ganz andere Fragen im Raum. Es geht um Rassismus und um Polizeigewalt. Das persönliche Schicksal rückt mehr in den Hintergrund. Und gerade in der letzten halben Stunde des Films nimmt sich der Regisseur auch immer weiter zurück, was die Ereignisse umso intensiver macht. Schon fast dokumentarisch werden die endlosen Minuten der Überforderung in der unübersichtlichen und aufgeheizten Situation gezeigt. Beklemmendes Kino.

Doch die Frage ist weiterhin, was bleibt. Auf persönlicher Ebene natürlich hinterlassene Freunde, eine sich Vorwürfe machende Mutter, die harte Wirklichkeit seiner Freundin und seiner Tochter. Auf der gesellschaftlichen Seite gab es in der darauffolgenden Zeit eine große öffentliche Anteilnahme und Proteste in der gesamten Bay Area, die Debatte über Rassismus im Alltag rückte somit wieder in den Mittelpunkt genauso wie eine Diskussion über Gewalt und Waffenmissbrauch von Polizisten. Aber man muss feststellen: Mal wieder und seitdem auch noch dutzende Male.

Es ist ernüchternd.

© Geschrieben für Mit Vergnügen

27.04.2014

Thomas Port, Geschäftsführer Digital bei SevenOne Media, äußert sich wieder. Dachten wir noch, seine Kolumne bei Horizont.net war ein Ausrutscher, so legt er nun in einem Interview in der Printausgabe der Horizont 16/2014 nach. Über die Geschäftsmodelle der Anbieter von Werbeblockern können wir gern streiten, doch jetzt wird auch gegen den Kunden Front gemacht. Das geht gar nicht und das schreiben wir ihm:

Lieber Thomas Port,

ich verstehe ja, dass Sie als Digitalchef bei Seven One Media alles auf Klicks, Unique Visits und hundert andere Zahlen geben müssen, das ist Ihre Währung. Aber: Für wie doof halten Sie eigentlich ihre Kunden?

„Werbeverweigerung bedroht auf lange Sicht den Content und viele Arbeitsplätze. Das müssen wir den Nutzern bewusst machen.“

Wenn ich sowas lese, dann fühle ich mich doppelt angesprochen, weil ich nicht nur Ihren Arbeitsplatz gefährde, sondern scheinbar auch meinen eigenen. Ich mache auch Werbung im Internet. Gleichzeitig wissen Sie doch selbst, dass das eine ganz miese Gangart ist, dem Kunden die Schuld in die Schuhe zu schieben. Auch ich nutze einen Werbeblocker, weil Banner, um die aus Versehen Webseiten herum gebaut wurden, nerven. Und würde es Werkzeuge geben, dass ich Werbung in Magazinen automatisch überblättern könnte oder Werbeclips im TV übersprungen werden, dann würde ich diese auch nutzen. Klar, über die Machenschaften der Eyeo GmbH kann man diskutieren, aber das schlechte Gewissen hält sich bisher in Grenzen.

Ich weiß auch, dass Moderatoren der ProSiebenSat.1 Media AG oder wo auch immer Geld kosten, dass der Kameramann mit Geld bezahlt wird, die Technik, Sie selbst und auch die Weihnachtsfeier finanziert werden müssen. Wenn aber der Schuh drückt, dann bin nicht ich Schuld oder viele andere Menschen auf ihrer Webseite, sondern Sie und Ihr Produkt.

Aktuell stecken Sie Christoph Maria Herbst in seine Paradorolle als Stromberg, um Werbung gegen den AdBlocker Plus zu machen. Eine lustige Idee, Stromberg geht immer. Aber genau diese Serie zeigt doch, dass guter Inhalt immer und egal wo finanziert werden kann und somit Arbeitsplätze sichert. Der Stromberg-Film erreichte ein grandioses Crowdfunding-Ergebnis, der Kunde hat ordentlich Geld in die Kasse gespült. Gute Arbeit.

Also versuchen Sie doch bitte in Zukunft weiterhin mit guten Inhalten und Produkten beim Kunden zu punkten, entwickeln Sie Formate, Sendungen, Ideen, Geschäftsmodelle, Kampagnen, Zahlungsmethoden oder was auch immer, die mich als Konsumenten animieren, Ihnen mein Geld anzuvertrauen. Dazu sind auch sehr viele andere bereit.

Verteufeln Sie aber bitte nicht die legale Technik und erst recht Ihre eigenen Kunden. Vorgeschaltete Werbung bei Youtube ist weiß Gott nicht der Heilsbringer und ich bin obendrein nicht für Ihren Arbeitsplatz verantwortlich.

Danke & viele Grüße,
Christoph Schwarze

24.04.2014

Snowpiercer

Man muss die Metaebenen lesen können, das kleine unsichtbare Dazwischen. Dort findet man die spannenden Details. Das beginnt beim heimlichen Augenverleiern während eines Gesprächs mit ungeliebten Personen, geht weiter über die Meta-Element „robots“, „description“ und „keywords“ bei HTML-Seiten und endet bei der Geschichte von Snowpiercer. Dass die dabei mit dem Comicroman von Jacques Lob, Benjamin Legrand und Jean-Marc Rochette wenig gemeinsam hat, sollte man jedoch getrost außer Acht lassen.

Überhaupt sollte man sich um Logik, Realismus und physikalische Gesetze wenig Gedanken machen. Denn wie kann es sein, dass die Erde binnen kurzer Zeit Jahre von einer Postapokalypse aus Schnee und Eis verwüstet wird? Warum fährt seitdem ein Zug in einem Zyklus von genau einem Jahr permanent um die Erde? Warum leben die letzten Menschen in diesem Perpetuum Mobile? Wie funktioniert überhaupt die ganze Logistik und Versorgung? Und was passiert, wenn sie nicht doch irgendwann gestorben sind? Fragen über Fragen …

Regisseur und Drehbuchautor Bong Joon-ho („The Host“, 2006) gibt darauf nur wenige und unzureichende Antworten, aber genau das ist die große Stärke – denn darum geht es gar nicht! Vielmehr stehen essentielle gesellschaftliche Fragen, Probleme und Strukturen zur Diskussion, die erst nach und nach erkennbar werden. So kämpft sich der hintere Teil des Zuges, der Mob, in einer angezettelten Revolution immer weiter in den elitären Vorderteil. Menschen sterben reihenweise, werden dabei überaus ästhetisch gefilmt, aber jeder Aufstand hat auch seine Schattenseiten.

Der Fisch stinkt vom Kopf her, so die weise Annahme des Fußvolks, doch schnell wird klar, dass die Ansprache „I am head, you are shoe“ von Mason (gespielt von Tilda Swinton) auch ein Teil der Wahrheit ist. So wird ein Gesellschaftsbild gezeichnet, bei dem jeder seine Laster zu tragen und massig Dreck am Stecken hat, keiner frei von Zwängen ist, aber – den Spruch muss man jetzt bringen – alle bekanntlich im selben Zug sitzen. Einen Ausweg aus der Dystopie gibt es nicht, der Untergang ist nur eine Frage der Zeit. Und der Qual. Viel Spaß dabei!

© Geschrieben für Mit Vergnügen

03.04.2014

Heute ist Indiebook-Day! Ein Tag, an dem gefeiert wird, das es neben den großen Verlagen auch noch viele kleine unabhängige Verlage gibt, die tolle Literatur veröffentlichen. Wer ein Zeichen setzen will, der fotografiert sich heute mit seinem Lieblings-Indiebuch und postet das dann mit dem Hashtag #indiebookday. Mehr Infos zur Aktion gibt es hier: www.indiebookday.de

Christian, wann gibt’s was Neues von dir?

Mein neues Buch erscheint im September. Und es ist endlich ein Sommerroman!

Verrätst du uns etwas mehr?

Nur soviel: Es ist eine Liebesgeschichte zwischen zwei Männern und einer Frau. Der Roman heißt “Moritz und Ivahn”.

Deine Bücher waren bisher mehr als einfach nur Bleiwüsten. Was hast du dir diesmal ausgedacht?

In dem Buch wird es eine begleitende Fotostory mit Bildern und Illustrationen geben.

Klingt spannend. Wo geht man eigentlich hin, wenn man ein gutes Buch sucht, das von einem Indieverlag veröffentlicht wird.

Gute Frage. Das ist echt nicht so einfach. Es gibt keine zentrale Anlaufstelle. Sogar die vielen kleinen sympathischen Buchhandlungen haben oft kaum Indie-Verlage im Angebot. Kleine Literaturfestivals sind immer eine gute Sache, um was zu entdecken.

Schade eigentlich, oder?

Ja, schade. Aber vielleicht entwickelt sich da ja noch was.

Hoffen wir’s!

© Erschienen im Rosegarden Magazin, Foto von Tabea Mathern

22.03.2014