Hallo!

Boyhood

Kinostart: 5. Juni 2014

Let me go
I don’t wanna be your hero
I don’t wanna be a big man
I just wanna fight with everyone else
Your masquerade
I don’t wanna be a part of your parade
Everyone deserves a chance to
Walk with everyone else

Wirklich selten, sehr selten passte die Musik des Abspanns so sehr zu einem Film wie bei „Boyhood“. Fast könnte man denken, der Song „Hero“ von Family Of The Year wäre explizit dafür geschrieben wurden. Umso erstaunlicher sogar noch, wenn sich die weitere Filmmusik aus zig Größen der letzten Dekade zusammensetzt: Vampire Weekend, The Hives, The Black Keys oder auch Kings of Leon, Sheryl Crow, Arcade Fire, Daft Punk, Cat Power und Moby. Um nur einige zu nennen.

Überhaupt weiß man schlichtweg nicht, wo man bei Richard Linklaters Meisterwerk anfangen und wo aufhören zu schwärmen soll. Allein schon die Idee, einen Film über einen Zeitraum von 12 Jahren jeweils mit ein paar Drehtagen umzusetzen, um so den jungen Mason (Ellar Coltrane) heranwachsen zu sehen, ist schlicht großartig. Es ist einfach verdammt ehrlich, auch die Protagonisten altern zu sehen, Mason wie er alle Stufen von der Schuleinführung, über die ersten Barthaare, bis hin zur ersten Lieb und dem College durchläuft und sich auch seine Familie und sein Umfeld kontinuierlich – auch optisch – mit verändert. Nicht selten vergisst man, dass es sich „nur“ um einen Spielfilm handelt.

Es ist auch überaus interessant zu beobachten, in wie vielen Rollen man sich als Zuschauer wiederfindet. Zum einen ist man natürlich Zeitzeuge einer – in Anführungsstrichen – völlig alltäglichen Familiengeschichte, die so gewöhnlich ist, das sie jedem passieren könnte und jede Figur genug Identifikationspotential bietet, um sich in Situationen und Reaktionen wiederzuerkennen, auch wenn sich die Biografien selbstverständlich unterscheiden. Außerdem ist von der Dramaturgie, über die Kamerabilder bis hin zum Schnitt alles so dermaßen unaufgeregt erzählt und umgesetzt, was die Atmosphäre des Films umso direkter und intimer macht. Und eben die wenigen wirklich dramatischen Momente somit umso erschütternder. Manchmal sind es gar nur zwei kurze Sätze, die einen dreimal schlucken lassen, weil sie so wahr sind.

„Boyhood“ ist ein filmisches Experiment, welches absolut kein Spektakel ist, dennoch aber spektakulär und ohne jeglichen Pathos und erstaunlich wenige Tränen auskommt. So werden in kleinen Episoden und Fragmenten alle großen Themen einer Kindheit, des Erwachsenwerdens, des Lebens erzählt: Familie, Freundschaft, Liebe. Und natürlich der eigene Weg, das stetige Selbstsuchen und -finden, das Loslassen, permanente Abschiede, aber eben auch immer wieder Aufbrüche, Neuanfänge und neue Abschnitte mit neuen Menschen und Herausforderungen. Das Leben geht schließlich immer weiter.

© Geschrieben für Mit Vergnügen

03.06.2014

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