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The Wolf Of Wall Street

Kinostart: 16. Januar 2014

Jordan Belfort kann das, was wir uns alle so sehr wünschen: aus Scheiße Geld machen! Dummerweise musste er dafür zwar 22 Monate im Knast absitzen, ist nur knapp das ein oder andere Mal dem Drogentod entkommen und hat seine millionenschwere Yacht im Mittelmeer versenkt. Aber hey, so läuft’s nun mal im Rockgeschäft. Belforts Kapelle hieß Stratton Oakmont und die spielte Ende der 80er, Anfang der 90er-Jahre die wichtigste Geige auf der größten Bühne der Welt: der Wall Street. Er und seine geldgeilen Jungs wollten wilde Punks in Anzügen sein, die Champagner und Martini wie Sternburger tranken, koksten, crackten, dealten, vögelten und tausende Dollarnoten FBI-Ermittlern als Spaßgutscheine hinterher schmissen. Ja, sie wollten doch nur reich sein, leben und ein bisschen spielen. Soweit so spaßig das Ganze und auch die verdrogte Selbstwahrnehmung als die Robin Hoods des Brokergeschäfts wäre noch halbwegs verständlich gewesen, wäre das ganze System nicht nur ein Haufen Wertpapierschrott. Es ging ausschließlich um Habgier und Abzocke. Und um Geld, Geld, Geld und Geld. Und Nutten.

Genau an diesem Punkt setzt nun auch Martin Scorseses Verfilmung von Jordan Belforts Biografie an. Der Film versucht erst gar nicht wirklich detailgetreu zu sein, weil es auch egal ist, ob nun drei oder zwanzig Pillen geschmissen wurden oder ob die Yacht 40 oder 45 Meter lang war, ob das Haus 15 oder 20 Millionen gekostet hat. Wen juckt’s? Auch geht es nicht darum, die böse Wall Street, die bösen Aktienhändler und die böse Weltwirtschaft ökonomisch oder sozialkritisch zu hinterfragen, nein. Es geht auch nicht wirklich um Freundschaft oder Familie, was zwar im Film tragende Säulen sind, aber im Grunde geht es dort ja auch nur um Drogen und Sex. Und Geld. Zwischenzeitlich denkt man, das Hauptziel wäre einfach nur eine Spaßdokumentation über das Leben an der Wall Street, was auch am Logischsten erscheint, wenn selbst im Gefängnis (oder gerade dort) jeder bestechlich ist. Erfährt man zum Schluss noch, dass Jordan Belfort bis heute kaum einen der 200 Millionen US-$ Dollar an seine betrogenen Anleger zurückgezahlt hat, darf sich der Wolf der Wall Street am Ende sogar wirklich als Sieger fühlen.

Und vielleicht ist genau dass das Ziel von Martin Scorsese: im zigsten Wall-Street-Film (Vergleich zu Oliver Stones ”Wall Street” von 1987 und 2010) zu zeigen, dass dort auch heute noch wilde Orgien aus Macht, Geld und Sex gefeiert werden, bei der manche Broker und Manager vor Lachen und dickem Port­mo­nee nicht einschlafen können und man sich am Ende mit Insiderinformationen bei der richtigen Behörde und ein paar Scheinen beim Staatsanwalt freikaufen kann. Es wäre eine sehr ernüchternde Botschaft, die vor lauter bunten Partybildern, vor lauter sympathischer Großkotzerei der Charaktere (Vergleich zu Mark Zuckerberg in David Finchers „The Social Network“) und völliger kurzweiliger Ekstase schnell übersehen werden kann. Was ebenso dafür spricht: Belforts Ramschfirma Stratton Oakmont wurde im Jahr 1998 von der Börsenaufsicht SEC geschlossen – also weit vor dem nächsten Schnellballsystem der Krise von 2008. Das Geld dreht sich also immer weiter, vielleicht sogar noch schneller, die nächste Blase kommt. Die Show geht weiter. Und Leonardo DiCaprio wird auch immer besser.

© Geschrieben für Mit Vergnügen

13.01.2014