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A Most Wanted Man

Kinostart: 11. September 2014

A Most Wanted Man

Es ist wahrscheinlich nicht die stärkste Szene des Film, aber sie bringt es auf den Punkt: Geheimdienstagent Günther Bachmann (Philip Seymour Hoffman), der eine inoffizielle Anti-Terror-Abteilung leitet, muss mit seinem Team zum Rapport in einen gläsernen Besprechungsraum ins Bundesministerium des Innern. Ihm gegenüber sitzen eine Kollegin der CIA, mehrere Minister, Agenten und weitere scheinbar wichtige, aber ganz bewusst namenlose Mitarbeiter und Entscheider. Bachmann wirkt konzentriert und überzeugt, trotz allem aber sehr nachdenklich. Dann die Frage der CIA-Mitarbeiterin, was das konkrete Ziel seiner Operation sei. Bachmann antwortet spitzfindig: “Die Welt ein bisschen sicherer machen.” Er lächelt zufrieden. Es ist das erste und einzige Mal.

Gerade im Kontext der Geschichte des Films, der Art und Weise wie beobachtend kühl sie gedreht wurde, aber auch der seit Jahren politisch äußert instabilen Lage in vielen Teilen des nahen und mittleren Ostens und den immer noch aktuellen Enthüllungen der Arbeitsweisen von Geheimdiensten rund um den Globus, ist dieser Satz die pointierte Ironie der Historie. Besonders seit dem 11. September 2001. Natürlich ist die gleichnamige Romanvorlage von John le Carré nur ein fiktiver Spionagethriller um die “Hamburger Terrorzelle”, aber doch kann er als Blaupause für die Entwicklung der Welt nach diesem Tag gesehen und interpretiert werden. So gerät der russisch-stämmige Tschetschene Issa Karpov ins Visier der Ermittlungen, die Hintergründe bleiben aber im Dunkeln und er wird vielmehr einfach nur zum Spielball der verschiedenen Parteien. Gleiches passiert mit der idealistischen Strafverteidigerin Annabel Richter, bei der die Grenze zwischen Opfer und Täter ebenso verschwimmt. Beide sind nur Mittel zum Zweck.

Interessant wird der Teufelskreis, schaut man sich diesen Zweck genauer an. Denn im Grunde hat jede Person ihre ganz eigenen Absichten sowie unterschiedlichste Interessen und Ziele. Keiner traut irgendwem, alle bespitzeln sich gegenseitig und operieren gegeneinander. Das kommt einem aus der Realität sehr bekannt vor. Und genau hier liegt auch die unglaubliche Stärke von Anton Corbijn Verfilmung, der als Fotograf nicht nur ein Auge für stimmungsschwere Bilder hat und den mittlerweile verstorbenen Philip Seymour Hoffman schauspielerisch glänzend in Szene setzt, sondern eben auch ein nüchternes Bild der permanenten Angst und des Misstrauens zeichnet, die unsere Politik seitdem bestimmen. Jeder arbeitet für irgendwen, alle sind Marionetten. Keiner wird gewinnen.

© Geschrieben für Mit Vergnügen, Foto von Senator

11.09.2014

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